Alles Leben auf der Erde ist miteinander verbunden in einem gigantischen Netzwerk des Lebens.
Tiefe Ökologie ist eine Philosophie, die auf den Erkenntnissen der wechselseitigen Bedingtheit allen Lebens beruht. Sie sieht die Erde als lebendigen Organismus, in dem alles miteinander verbunden und voneinander abhängig ist und in dem jedem Lebewesen sein Eigenwert zukommt.
Gleichzeitig ist tiefe Ökologie eine internationale Bewegung für soziale, kulturelle, ökonomische und ökologische Veränderungen. Ihre Wurzeln reichen von mystischen Traditionen - der "philosophia perennis" - bis zu den heutigen Philosoph/innen und Wissenschaftler/innen der Allgemeinen Systemtheorie.
Tiefe Ökologie fördert persönliches Wachstum im Sinne eines "in-Beziehung-Seins" mit allem Lebendigen. Sie ist eine Anleitung dazu, unser Handeln im Alltag in die Entwicklung von zukünftig anpassungs- und lebensfähigen Systemen und Prozessen hineinzustellen.
Tiefe Ökologie liefert weder Rezepte, noch vermittelt sie ultimative Wahrheiten. Tiefe Ökologie öffnet neue Erfahrungsräume, indem sie fragt, was und wer wir sind, woher wir kommen, wo unser Platz im größeren Zusammenhangs des Lebens ist und was unsere Verantwortung als Zeitzeug/innen und Zeitgenoss/innen in diese Phase der Entwicklung ist.
Wir Menschen sind Teil dieses Netzwerk des Lebens auf dem Planeten Erde.
Der Begriff "tiefe Ökologie" steht heute vor allem für eine radikale Kritik an den Grundüberzeugungen unserer Kultur und Gesellschaft, unserer Politik, unserer Wirtschaft und unseres Erziehungssystems. Ihr Anliegen ist es , der Entfremdung der Menschen von sich selbst und von der Gemeinschaft aller lebenden Wesen der Erde entgegenzuwirken.
Neu und einzigartig an der tiefen Ökologie ist ihr ganzheitllicher Ansatz, der konzeptionelle, emotionale, spirituelle und praktische gesellschafts-politische Arbeit in wechselseitigen Austausch miteinander bringt.
Ohne das Lebensnetz können wir nicht existieren.
Tiefe Ökologie sieht alles Leben auf der Erde als ein großes sich selbst regulierendes System, das charakterisiert ist durch die wechselseitige Abhängigkeit aller Phänomene. Diese Sichtweise führt uns über die Grenzen des individuellen Selbst hinaus und läßt uns das entdecken, was wir das "ökologische Selbst" nennen.
Zukunftsforscher, Umweltspezialisten, Klimaforscher, Sozial- und Naturwissenschaftler sind sich weitgehend einig: Die moderne Zivilisation befindet sich in einer kritischen Übergangsphase. Die Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen hat dramatische Formen angenommen. Künftige Generationen werden in einer schwer geschädigten Umwelt leben müssen. Die westliche Zivilisation hat sich von natürlichen Prozessen und Rhythmen abgekoppelt und eine langfristig nicht zukunftsfähige Lebensweise entstehen lassen, in der soziale Sicherheit abnimmt und seelische Krankheiten zunehmen.
"Wenn die Befürworter der Atomenergie eine senkrechte Wand sind, wollen wir uns grenzenlos waagrecht ausbreiten."
(Ruiko Muto aus Fukushima am 19.09. bei der Demonstration mit 60.000 Menschen in Tokyo)
Projekt zur Wächterschaft von Atommüll
Nach dem schrecklichen Unfall im Atomkraftwerk Fukushima, dessen Ausmaß und Folgen wir aufgrund von mangelnden und verschleiernden Informationen nur erahnen konnten, trafen sich Gabriele Kaupp, Gunter und Barbara spontan um Gedanken und Gefühle auszutauschen. Wir packten die von Joanna und Fran Macy in den USA 1992 entwickelte Dia-Show – ein Wächterprojekt für atomaren Müll („Nuclear Guardianship Project“)– wieder aus und gingen an die Arbeit:
Die Gesellschaft für angewandte Tiefenökologie ( GATÖ ) wurde wenige Monate nach der Uno-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im Dezember 1992 mit der großzügigen Unterstützung der Schweisfurth Stiftung in München als ein Pionierprojekt gegründet, das sich der ganzheitlichen Bildung zur Nachhaltigkeit widmet.
Konzeption zur Wächterschaft von Atommüll
“Because we never know for sure how the future will turn out, it makes sense to focus on what we’d like to have happen, and then to do our bit to make it more likely”
(Joanna Macy, Chris Johnstone in “Active Hope”, New World Library, 2012)
Die Grundlagen dieser Konzeption basieren auf dem Wissen um die Verbundenheit und der gegenseitigen Abhängigkeit allen Lebens, der Achtung, der Würde und der Wertschätzung aller Lebensformen. Die Durchführung gelingt nur, wenn wir fähig sind zu lieben.
Wir hinterlassen mit dem Atommüll künftigen Generationen für Hunderttausende von Jahren ein tödliches nukleares Erbe; die Halbwertszeit von Plutonium beträgt ca. 24.000 Jahre, die von Neptunium, einem Nebenprodukt der Energiegewinnung in Kernreaktoren, 2,1 Millionen Jahre. Der Atommüll existiert. Er ist aus unserem und dem Leben unserer Nachfahren nicht mehr weg zu denken. Eine Diskussion darüber, ihn aus der Welt zu schaffen oder ihn zu verhindern, erübrigt sich.
Neue Techniken wie z.B. die der sogenannten Partitionierung und Transmutation (P&T) sind, wenn überhaupt, nur begrenzt nutzbar und bisher über Laborstudien nicht hinausgelangt. Sie sollen zwar die Halbwertszeit der Strahlung verkürzen, aber die technische Realisierbarkeit stößt nach wie vor auf viele Hindernisse und erspart uns nicht die Isolation der radioaktiven Abfälle von der Biosphäre.